Erlauben Sie eine persönliche
Frage. Was bedeutete die Beru-
fung zum Niederlassungsleiter
1996 für Sie?
Es war eine der seltenen Chan-
cen, die das Leben bietet: meine
Chance! Denn die Niederlassung
Berlin zu leiten, ist eine der
Königsaufgaben im Vertrieb des
Konzerns. Ich bin dankbar, dass
man mich damit betraut hat. Die
Weichenstellung für die Zukunft
gemeinsam mit meinem Team
vorzunehmen, empfinde ich als
große Herausforderung.
Welche konkrete Situation fan-
den Sie vor?
Zum Start 1996 befand sich Ber-
lin in einer etwas depressiven
Phase. Die Stadt war auf dem
Weg, ein neues Rollenverständ-
nis zu entwickeln. Es war ein
tiefer Umbruch und die Blüten-
träume nach der Wiederverei-
nigung waren der nüchternen
Realität gewichen. Zunehmender
Wettbewerbsdruck erforder-
te einen radikalen Bruch mit
bisherigen Verhaltensmustern.
Eine vollkommen neue Dienst-
leistungsorientierung war
notwendig. Darüber hinaus war
im Aufbau des neuen Berlin
persönliche Initiative auf vielen
auch branchenfremden Gebieten
gefordert. Der Umweltgedanke
nahm immer mehr Raum ein
und die Notwendigkeit, unter-
nehmerische Verantwortung zu
leben, kombiniert mit einem ho-
hen Maß an gesellschaftlichem
Engagement stellte uns vor neue
Herausforderungen.
Lässt sich das ein wenig erläu-
tern?
Führungskräfte unserer Nieder-
lassung bekleiden zahlreiche
Ehrenämter, engagieren sich in
Clubs und kulturellen Einrich-
tungen. Wir leben aktiv den
Charity-Gedanken und unter-
stützen viele Hilfsprojekte. Al-
lein in den letzten zehn Jahren
konnten wir für bedürftige Ein-
richtungen wie beispielsweise
das Deutsche Herzzentrum Ber-
lin, das Kinder- und Jugendtele-
fon „Nummer gegen Kummer“,
die Laureus Sport for Good Stif-
tung, das Behandlungszentrum
für Folteropfer Berlin e.V., die
Stiftung Jona, die Björn-Schulz-
Stiftung Kinderhospiz Sonnen-
hof, die Berliner Bürgerstiftung,
die Arche Christliches Kinder-
und Jugendwerk e.V. sowie
das Evangelische Jugend und
Fürsorgewerk Lazarus gAG und
Sancta Maria Heilpädagogischer
Kinder- und Jugendhilfeverbund
insgesamt über 600.000 Euro
spenden. Außerdem begleiten
wir zahlreiche Institutionen wie
etwa das Deutsche Theater, das
Ägyptische Museum, den ADAC
Berlin-Brandenburg e.V. und
auch die Kammeroper Rheins-
berg seit vielen Jahren. Bei
nahezu allen Veranstaltungen
der Niederlassung ist auch der
karitative Gedanke verankert.
Was waren die wichtigsten Her-
ausforderungen für die Nieder-
lassung?
Mit dem Fall der Mauer und der
darauf folgenden Wiedervereini-
gung hatte sich der Verantwor-
tungsbereich der Niederlassung
praktisch verdoppelt. Um sich
auch im neu hinzugewonnenen
Osten fest zu etablieren, mussten
Anfang der Neunziger schnell
eingerichtete Provisorien durch
dauerhafte Lösungen ersetzt
werden. Das verlangte letztlich,
neben der Einrichtung neuer
Betriebe und der Erweiterung be-
stehender, die schnell wachsende
Niederlassung neu aufzustellen.
Gab es dabei größere Zielkon-
flikte?
Die strenger gewordenen
Umweltschutzanforderungen
machten es notwendig, neue La-
ckieranlagen außerhalb des Zen-
trums von Berlin einzurichten.
Zum Glück gab es den Standort
Ludwigsfelde. So konzentrierten
wir dort alle Tätigkeiten für die
gesamte Niederlassung in einem
neuen Lack- und Karosseriezen-
trum. Das hatte es zuvor so noch
nie gegeben und Berlin setzte
Maßstäbe, die in der Folge von
vielen übernommen wurden.
Was war für Sie die größte Her-
ausforderung?
Der Neubau der Mercedes-Welt
am Salzufer. Zum Glück lag das
Herz der Niederlassung genau
an der richtigen Stelle, so dass
wir keinen neuen Standort
suchen mussten. Die große Her-
ausforderung war, dass das neue
Salzufer nicht nur den Abschluss
des völligen Umbaus der Nieder-
lassung bildete, sondern zu-
gleich den Aufbruch in eine neue
„Das einzige Urteil von Relevanz ist für uns
das der Kunden!“
Walter Müller im Gespräch – Ein Interview mit dem Direktor der Mercedes-Benz Niederlassung Berlin
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