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Mein Zahn

Eine Kurzgeschichte aus demwahren Leben //

von Malte Welding

Am Mittwoch fing es an. Ein dumpfer

Schmerz breitete sich von meinem un-

teren rechten Backenzahn her aus. Mein

Problemzahn. Ich umgarnte ihn mit

Zahnseide, gab ihm eine Extraportion

Zahnpasta. Er dumpfte unbeeindruckt

weiter vor sich hin. Neville Chamber-

lain der Zahnpolitik, der ich bin, warte-

te ich ab, in der Hoffnung, die Gemüts-

verstimmung meines Zahns würde sich

schon legen.

Ich träumte von dicken Männerdau-

men, die ohne Unterlass auf meine hin-

teren Zahnreihen drückten und wachte

zu früh davon auf. Die Männerdaumen

waren weg, das Gefühl blieb. Es musste

also ein Experte zu Rate gezogen wer-

den. Da der Donnerstag ein Feiertag

war, fiel dieWahl nicht schwer, denn nur

einArzt hatteNotdienst. Bei Zahnärzten

lege ich auf zwei Eigenschaften wert: Sie

sollen einenDoktortitel haben und eine

Frau sein. Zwar ist mir bewusst, dass in

keinem Fach der Doktortitel leichter zu

erwerben ist als in derMedizin, aber die-

se Mühe sollte jemand, der sich mir mit

Folterinstrumenten nähert, schon auf

sich genommen haben. Und Frauen

unterstelle ich größere Sensibilität

und stärkere Selbstzweifel. Außer-

dem riechen sie besser.

Der Notzahnarzt nun war ein

Dipl. Stom. und eindeutig

männlich, was sich am inten-

sivsten in dem Verzicht auf

Deodorant manifestierte. In re-

gelmäßigen Abständen die Uhr-

zeit prüfend, bohrteermunter drauf